(Direkt zu Teil 3: Alba - Trüffelstadt im Piemont)
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Die Wetterfee hatte uns aus dem verregneten Apulien ins antike Pompeji geschickt, schwere Kost. Doch die Ausgrabungsstätte am Golf von Neapel hat uns überrascht. Sie ist anders, völlig. Drückt man sich an Ausgrabungsstätten gewöhnlich die Nase an Vitrinen platt, oder wird mit Sicherheitsabstand an einen berühmten Grab vorbeigeschoben, ist man in Pompeji mittendrin, ohne Netz und doppelten Boden. Man läuft genau auf den Pflastersteinen, über die schon vor 2000 Jahren Caius Cuspius schritt, steht am selben Tresen des Schnellimbisses, an dem Trebio Valente seine Kinder versorgte und wandelt wie Quintos Poppaeus durch den Innenhof eines Stadthauses.
Tipps: Versucht früh Eintrittskarten zu kaufen, der Andrang an den Schaltern ist bisweilen riesig. Leiht euch neben der Kasse am Haupteingang Porta Marina einen Audioguide, kleines elektronisches Gerät. Sprachlich wie inhaltlich waren sie ausgezeichnet. Wir konnten damit unseren eigenen Rhythmus finden und mussten nicht einem Führer hinterher laufen. Der Audioguide bot neben den reinen Erklärungen auch Berichte über das Leben und den Alltag der Pompejaner, spannend, im Audiomenü schauen. Mit dieser Funktion ist der Audioguide den meisten Führern überlegen,wir konnten das gut vergleichen. Versucht nicht alles zu sehen, das macht nur kirre. Und, mindestens einen ganzen Tag einplanen, danach seid ihr platt.
Nach einem Unwetter zeigt sich der Vesuv - Im Jahr 79 brach er aus und begrub Pompeji unter einer zehn Meter hohen Schicht aus Lava, Asche und Bimsstein.
Am 24. August 79 zerstörte ein heftiger Ausbruch des Vesuvs die Stadt Pompeji. Zuvor hatten kleinere Eruptionen und mehrere Erdbeben die Bewohner in Angst versetzt. Nach der Explosion der Magmakammer gingen tausend Tonnen Asche, Lava und heiße Bimssteinbrocken auf die blühende Stadt nieder und bedeckten Pompeji meterhoch. Wer bis dahin nicht geflüchtet war, hatte keine Chance mehr sein Leben zu retten. Nach Schätzungen von Archäologen starben 2000 Pompejaner.
Die Archäologen entdeckten bei ihren Ausgrabungen seltsame Hohlräume. Unter dem heißen Vulkanauswurf waren die Menschen erstickt und verbrannt. Ihre Körper vergingen mit der Zeit und hinterließen ihren Abdruck als Hohlraum. Die Wissenschaftler füllten diese Räume mit Gips aus, beseitigten die erstarrte Asche und erhielten so den Ausdruck der Menschen im Moment ihres Todes.
Plinius der Jüngere beobachtete den Vulkanausbruch von dem 25 Kilometer entfernten Misenum. Er beschreibt, wie die Wolke seine Heimatstadt erreicht: "Da regnete es Asche, wenn auch noch nicht sehr viel. Ich wandte mich um. Eine dichte Qualmwolke, die wie ein reißender Strom über die Erde dahinschoss, folgte uns drohend. `Wir wollen Ausbrechen´, rief ich, `solange wir noch etwas sehen, damit wir nicht auf der Straße in der Finsternis von der Menschenmasse ringsum zertrampelt werden.´ Wir hatten uns kaum niedergesetzt, da umhüllte uns bereits die Nacht, nicht eine mondlose oder von Wolken verdunkelte Nacht, sondern die Finsternis eines geschlossenen, lichtlosen Raumes. Man hörte das Heulen der Frauen, das Gewimmer der Kinder, die Schreie der Männer... . Aus Angst vor dem Tod riefen manche nach dem Tod. Viele hoben die Hände zu den Göttern; groß war die Zahl derer, die glaubten, es gebe keine Götter mehr und über die Welt sei die letzte, die ewige Nacht hereingebrochen."
Aus: http://www.vulkane.net/vulkane/pompeji/plinius.html
Uns haben es unter anderem die Thermen der Pompejaner angetan. Dort trafen sich die Menschen, entspannten sich, plauderten mit Freunden und sicher wurden dort auch Geschäfte angebahnt und abgeschlossen. Wohlhabende Villenbesitzen ließen sich Thermen in ihre Häuser einbauen. Wer sich dies nicht leisten konnte, ging in ein öffentliches Bad.
Die Pompejaner leisteten sich eine exquisite Badekultur. Kaltbad, Schwitzbad, Schwimmbecken, Ruheräume, es fehlte an nichts. Große öffentliche Thermenanlagen bauten sie im Zentrum der Stadt, sie waren vermutlich beliebte Treffpunkte.
Der lange Spaziergang macht hungrig. Die Pompejaner gingen entweder in ein Restaurant, oder sie versorgten sich an beim Thermopolium, einer Art Schnellimbiss. Der Gast stand auf der Straße vor dem antiken MCdonalds. Das Essen war in Tongefäßen, die in den Tresen aus Stein eingelassenen waren. Unter den Töpfen brannte ein Feuer, schon damals schmeckte es warm besser. Es gab Linsen, Erbsen, Bohnen usw., alles eher einfach. Oft schloss sich an die Theke noch ein kleiner Raum mit Tischen und Stühlen an.
Das Haus des Menanders gehörte einer wohlhabenden Familie. Der Besucher tritt in eine großzügige Eingangshalle (Atrium). Sie führte jedem sofort den sozialen Rang des Besitzers vor Augen. Geradeaus liegt ein rechteckiger Innenhof mit einem großen Garten. Dieser ist von allen Seiten mit Säulenhallen (Kolonnaden) umgeben. Von den Gängen führen Türen in die einzelnen Bereiche des Anwesens, unter anderem in ein prächtiges Thermalbad. Das Haus des Menander ist reich mit Fresken dekoriert. Seinen Namen hat es von einem Bild des griechischen Dichters Menander, das in einem Zimmer gefunden wurde.
Das Haus birgt ein Rätsel. Archäologen entdeckten dort bei Ausgrabungen 18 Leichen. Bei drei der Toten wurden jedoch Hacke und Pickel entdeckt. Auch deuten Löcher in den Wänden des Hauses darauf hin, dass die Drei nach dem Vulkanausbruch von außen eindrangen und plündern wollten, ihren Einbruch jedoch nicht überlebten. Möglicherweise brach die Decke unter der Last des Vulkangesteins ein. Die mutmaßlichen Plünderer wussten vermutlich, dass in dem Haus ein Schatz lag. Die Archäologen entdeckten in einem Raum sorgfältig versteckt Silbergefäße und reichlich Münzen.
Das antike Pompeji ist riesig. Wir haben uns Zeit gelassen und an einem Tag nur einen kleinen Teil der Ausgrabungen angeschaut. Wer möglichst viel sehen will, sollte sich vorher informieren und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten auf einem Plan eintragen und diesen dann abarbeiten, die harte Tour, sozusagen. Wir werden Pompeji sicher nochmals besuchen und dann gezielt einiges anschauen. Beim ersten Besuch einer so großen Anlage mögen wir uns lieber treiben lassen um ein Gefühl für den Ort zu bekommen.
Der Kalender mahnte zur Rückkehr nach Berlin. Die Wetterkarte zeigte Wolken über Rom und halbwegs gutes Wetter in der Po-Ebene. Seit zig Jahren spukt mir Bologna im Hinterkopf herum, Studenten hatten mir vor längerer Zeit begeistert von ihrer Stadt erzählt. Doch bisher hatte ich es nur bis Mailand und Modena geschafft. Auf nach Bologna, die auch la grassa, la dotta, la rossa - die Fette, die Gelehrte, die Rote genannt wird.
In der Innenstadt Bolognas ist man gut behütet. Etwa 40 Kilometer Gehsteige verlaufen unter Arkaden. Bologna ist das Zentrum der Region Emilia-Roma. Die etwa 80 000 Studenten der ältesten Universität Europas prägen die Innenstadt, von quirlig, modern, ausgeflippt bis elegant. Das Sonnenlicht reflektiert die roten und gelbe Okertöne der Backsteine und Wandfarben und taucht alles in ein warmes Licht.
Die restaurierte Altstadt Bolognas ist eine der größten Italiens. Sie verströmt ein alternatives Flair, sagen die Studenten. Bars, Galerien, Cafés, Vintage-Läden, kreative Shops leben von ihnen. Mehr als 40 Museen laden zum Besuch ein, der Kulturkalender der Stadt ist voller Events. In jeder Straße findet man kleine Fresstempel, an deren Schaufenster man kaum vorbeikommt, und, Mode!
Die Altstadt wird vom roten Backstein dominiert. Sie wird deshalb Die Rote genannt, auch, weil die Kommunisten über Jahre die Stadt regierten und die Studentenbewegung Italiens hier ihre Wurzeln hat. Rote Wegweiser sind die Geschlechtertürme der Stadt. Sie stammen aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Vermutlich verschanzten sich darin die reichen Familien Bolognas.
Bologna ist das kulinarische Zentrum Italiens, davon sind die Bürger überzeugt. Und sie haben gute Argumente: Aus der Stadt kommen die Tortellini, die kleinen ringförmigen Teigwaren, die wie Ravioli gefüllt sind. Auch die Mortadella haben die Bologneser kreiert, das auch für seine Tagliatelle und Lasagne bekannt ist. Zudem ist in der Stadt die Show-Food-Bewegung stark vertreten. Eines der bekanntesten Feinkostgeschäfte in Bologna ist A. F. Tamburini (Via Caprarie 1)
Sie können nicht nur herzhaft, die Bologneser. Wenn es Süßes sein soll, dann zergeht Schokolade in ihrem Gaumen. Berühmt ist der Schokoladenhersteller Majani (Verkauf: Via G. Brodolini 16). Seit 1796 kreieren die Confiseurs feinste Schokolade. Selbst Napoleon III. konnte nicht widerstehen. 1911 erschufen sie zur Einführung des FIAT Tipo "Cremino Fiat", die heute noch hergestellt wird, im Gegensatz zum Tipo. Die historische Bäckerei Paolo Atti (Via Caprarie 7) ist sowohl für ihr Früchtebrot wie ihre karamellisierten Tagliatelle-Törtchen berühmt.
Zu süß? Zu viele Kalorien? Dann ab zum Fischgeschäft (Pescheria) Brunelli Di Galazzi Mauro in der Via Drapperie 8. Der Laden ist kaum zu übersehen, geht einfach zu der Menschentraube, kämpft euch durch und schon steht ihr vor fangfrischem Meeresgetier. Der Laden reicht weit in die Gasse hinein. Mindesten vier Verkäufer diskutieren und gestikulieren mit den Käufern, die äußerst kritisch die Ware auswählen.
Die Beute aus dem Gourmetparadies muss nach Hause gebracht werden. Entweder man geht zu Fuß, nimmt einen Bus oder steigt auf einen Motorroller. Die Scooter sind das Verkehrsmittel in den historischen Innenstädten Italiens. Sie ziehen den Autos an der Ampel davon, schlängeln sich durch kleinste Gässchen und einen Parkplatz findet man letztlich überall. So verwundert es nicht, dass Jugendliche auf schnellen Aprilia-Rollern unterwegs sind, Studenten die klassische Vespa bevorzugen und der Geschäftsmann mit dem Burgmann Business dem im ewigen Stau stehenden Mercedes davongleitet.
Wer vom Trubel der Plätze und Hauptstraßen genug hat, findet nur eine Seitenstraße weiter kleine Geschäfte, Handwerker und gemütliche Läden.
Müde von den ganzen Eindrücken wichen wir in Seitenstraßen aus und blieben vor einer kleinen Galerie hängen. Eine Künstlerin zeigt dort ihre Papierarbeiten. Drucke, Zeichnungen aber auch Schnittbögen. Die Ausstellungsstücke hatten was. Wir blieben stehen, die Sammlung war leider geschlossen. Doch als die Künstlerin uns sah, bat sie uns herein. Mit Hilfe ihres Druckers, der Englisch sprach, entspann sich ein längeres Gespräch über ihre Kunst, das Viertel und überhaupt. In einer digitalen Welt hat ein Papierdruck oder eine Tuschezeichnung was. Die Anfassqualität, das Gefühl, wenn die Finger über die Oberfläche des Papiers gleiten, das rascheln der Drucke, der Geruch der Farbe. Es sind diese unerwarteten Momente, die Reisen zum Erlebnis machen.
(Direkt zum Teil 1: Apulien)
(Direkt zu Teil 3: Alba - Trüffelstadt im Piemont)
Beste Grüße, Rod